„Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch.“ Erich
Kästner
Meist begegne ich ihnen morgens auf dem Weg zur Arbeit: kleinen bunten
Zwergenkutschen, geschoben von Tagesmuttis. Die Knirpse darin hübsch
angezogen und ganz wach mit roten Bäckchen und Stauneaugen rundherum blickend.
Jeder von ihnen schon eine kleine Persönlichkeit. Oder Schulklassen, begleitet
von Lehrern, wenn sie sich ordentlich in Zweierreihe am Bordstein aufstellen,
ehe es über die Straße geht. Klassenausflug. Vielleicht eine Wanderung, vielleicht
ein Museumsbesuch. Oder in den Zoo? Heut jedenfalls kein Schultag - super! Aufgeregt
plappern sie durcheinander, halten sich manchmal an den Händen. Ein Kind
hübscher als das andere. Ich glaub sowieso, die Kinder heute werden immer
hübscher.
Immer wenn ich Kindern begegne mit ihrer Lebendigkeit, ihrer
wachen Neugier auf einfach alles, ihrer Echtheit in allem, wünsche ich
aus tiefstem Herzen: Möge jedes von euch
geliebt und geborgen aufwachsen. Geliebt einfach nur deshalb, weil es euch
gibt. Nicht zuerst dafür, was ihr könnt, anderen voraushabt, was aus euch einmal werden könnte. Gesehen und geliebt sollt ihr werden als die, die
ihr seid mit eurer Fantasie und allen Träumen und Wünschen, die euch
innewohnen. Jenseits von Etwas-erreichen-Müssen. Und möge es jedem von euch gestattet sein, ein großes Stück eurer Unbefangenheit und Ehrlichkeit ins Erwachsenendasein hinüberzuretten.
Möget ihr Zeit haben, zu wachsen und zu reifen in eurem eigenen Tempo, geführt
von kluger und sanfter Hand und immer entlang dessen, was euch im Kern
ausmacht. Möget ihr ausreichend Zeit haben, zu spielen und zu entdecken, wer
ihr seid, was euch begeistert. Zeit, euren ureigenen Weg zu finden. Ich wünsche
euch, dass ihr Eltern habt, die euch Werte lehren, die zählen, Werte, auf die
ihr ein Leben lang bauen könnt.
Lasst euch nicht fernsteuern und kriecht nicht den vielen falschen
Propheten auf den Leim, die uns allen tagtäglich verkünden, wie man leben sollte.
Findet es selbst heraus und verliert nie die Tuchfühlung zu dem, was euch im
Innersten ausmacht. Und wenn ihr auf dem Weg durchs Leben einmal die Richtung
zu verlieren scheint, wünsche ich euch die Klarheit, zu erkennen, wohin ihr
eigentlich wolltet und den Mut, dorthin abzubiegen. Ich wünsche euch ein Leben,
in dem ihr euch stets wiedererkennt.
Zweifelt die Wege der Herde an. Nur, weil alle es tun, alle es denken, muss
es noch längst nicht richtig sein. Sagt euch wer: „Du musst“, stellt es
infrage. Sagt euch wer: „Das geht nicht“, stellt es infrage. Lasst euch
euren Schneid nicht abkaufen und lernt Echtes von Talmi zu unterscheiden.
Immer wenn ich Kinder sehe, der innige Wunsch: Möge keines von euch quicklebendigen,
fröhlichen Wesen später einmal zur freudlosen Armee derer gehören, die morgens
mit stumpf gewordenen Augen und Träumen zu einem Arbeitsplatz traben, radeln, fahren,
der nur aufs nächste Wochenende hoffen lässt.
Möge es euch kleinen Menschen gelingen, das Kind in euch immer zu bewahren. Die
Freude am Spielen und all den Dingen, die eure Augen leuchten lassen, über
denen ihr Raum und Zeit vergesst. Bewahrt euch die Fähigkeit, zu staunen und eure
Neugier und Fantasie. Ich wünsche euch eine glückliche Reise durchs Leben.
Ja - all das geht mir durch den Kopf, wenn ich Kinder sehe.
Mit viel Liebe und Weisheit geschrieben!
AntwortenLöschenMein erster Kommentar und dann ein so schöner. Danke!
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