Montag, 13. Januar 2020

Daumen hoch für die Netzgemeinde!

Ich möchte heute eine Lanze brechen für Leute, die bei Facebook oder YouTube unterwegs sind und dort posten. Mag sein, dass es an den Gruppen oder Themen liegt, die ich verfolge – insofern ist‘s nur ein Ausschnitt aus der gesamten Wirklichkeit –, jedenfalls kann ich überwiegend Gutes berichten. Das gefällt mir sehr. Auch, weil es Anlass zur Hoffnung bietet, dass ein respektvolles Miteinander innerhalb großer Teile der Gesellschaft durchaus möglich ist. Sogar noch hinter dem Schutzwall weitgehender Anonymität und Nicknames.


Bad news sind in den analogen und digitalen Medien an der Tagesordnung. Darunter auch Berichte über Hasskampagnen via Internet. Das ist leider Teil der Realität im Netz. Ich betrachte es als eine der dunklen Seiten des Internets. Dass es Menschen, die – oftmals, aber nicht ausschließlich - unter dem Deckmantel von Fantasienamen und Pseudo-Identitäten agieren, eine Plattform bietet, um andere mit Schmähreden zu überziehen, zu verunglimpfen, zu mobben. Ihnen zu schaden. In einer Art und Weise zum Verbalschlag ausholend, den sie sich in der direkten Begegnung vermutlich überwiegend nicht gestatten oder trauen würden. (Schriftlich lässt sich’s ja auch viel besser am Wort feilen, bis es endlich die gewünschte Schärfe aufweist...) In meinen Augen armselige Persönlichkeiten, vermutlich mit der eigenen Unzufriedenheit womit auch immer kämpfend und/oder mit einem Geltungsbedürfnis ausgestattet, das im wahren Leben nicht ausreichend befriedigt wird. Oder. Gründe für ein solches Gebaren mag es viele geben. Meist unreflektiert durch Trolle & Co. auf jetzt und ewig.

Aber – und darauf will ich hinaus: Es gibt auch noch eine andere Realität da draußen. Eine freundliche, höfliche, respektvolle, empathische. Und sie scheint gar nicht einmal den kleinsten Teil der User abzubilden. Was ich lese, ist überwiegend sachlich geschrieben, inklusive der Gegenrede bei unterschiedlichen Auffassungen. Bei wirklich vielen Kommentaren ist erkennbar, dass es darum geht, mit einem möglichst durchdachten und gut formulierten Standpunkt sachlich zur Diskussion beizutragen. Und dabei die respektvolle Form zu wahren. Auch kommt es gar nicht selten vor, dass jemand, der sich gerade im Ton vergriffen hat, durch andere User freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen wird. So etwas feiere ich wirklich, erst recht vor dem Hintergrund des gefühlt rauer gewordenen Umgangs miteinander hierzulande. Manchmal werden Wortmeldungen, in denen es zuvörderst darum geht, den im Kopf gespeicherten Unrat in geballter Form loszuwerden, von der Mehrheit der Kommentatoren auch einfach ignoriert. Abtropfen lassen - nicht die schlechteste Variante.

Auch werden da draußen im weltweiten Netz Menschen aufs Herzlichste getröstet. Von Unbekannten. Menschen, die einen Schicksalsschlag erlitten haben oder gerade aus vielfältigen Gründen unglücklich sind, erfahren Zuspruch, Aufheiterung, Hilfestellung. Erfahren verbales In-den-Arm-genommen-Werden. Kein Ersatz für eine warme, feste Umarmung unter Freunden, aber dennoch gewiss tröstlich. Ich stelle mir vor, sie fühlen sich in diesem Moment weniger allein gelassen mit ihrem Kummer. Nein, das Mitgefühl ist noch längst nicht ausgestorben. Auch nicht für „fernes“ Leid.

Ganz viel Freude les' ich auch. Freude und Begeisterung über geteilte Erinnerungen (wenn man sie auch nicht miteinander erlebt hat), über einzigartige Erlebnisse, schöne Orte, ähnliche Lebensphilosophien. Da ist soviel Lachen, gute Laune und Freundlichkeit unterwegs. Findet soviel ehrlicher Austausch statt, soviel Verbindendes zwischen Menschen, die einander gar nicht kennen. Erstaunlich und schön.

Was mir auch gefällt, weil ich’s wichtig finde: Weit mehr Menschen, als von mir angenommen, machen sich kluge Gedanken über das Jetzt und Hier in unserem Land, auf unserem Erdball. Suchen nach Wegen für ein besseres Zusammenleben, mehr Frieden, mehr Gerechtigkeit. Denken quer.

All das empfinde ich als herzerwärmend und auch - beruhigend. Vielleicht sind wir Menschen in unserem innersten Kern, dem, was uns ausmacht, gar nicht Lichtjahre voneinander entfernt, wenn's auch manchmal so scheint. 

Jedenfalls: Daumen hoch für die Netzgemeinde! 

Und wie sind Eure Erfahrungen mit Facebook & Co? Gerade auch außerhalb des Freundeskreises?

PS. Falls Ihr Euch jetzt fragt, ob ich mein Leben inzwischen ins Internet verlegt habe: Nee nee. Gestern erst vier Stunden mit Freundinnen bei Glühwein geklönt und gelacht. Und vorhin mit einer Nachbarin im Treppenhaus so lange geschnackt, bis ich die Bibliothek vergessen konnte. Real life.   

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