Undsoweiterundsofort. Alles soll, nein muss, immer schnell
gehen. Warum eigentlich? Was – wenn überhaupt – gewinnen wir dabei? Zeit? In
allen genannten Beispielen und anderen, die Euch vielleicht einfallen, dürfte
es lediglich um Minuten gehen, die wir einsparen, indem wir eilen, hetzen, aufs
Tempo drücken. Minuten, für die wir einen Preis zahlen, der da heißt: Stress,
Druck und Hektik. All das vollständig hausgemacht und nach außen sichtbar in
Form von Gereiztheit, Unzufriedenheit, Ärger. Die gute Laune geht flöten und
nicht nur die unsere, weil sich Ungeduld selten mit Freundlichkeit
und respektvollem Miteinander paart. Hier ebenfalls erwähnenswert die geradezu legendäre Kausalkette
aus Ungeduld → Eile → Missgeschick, die wohl jedem von uns schon irgendwann einmal einen
Kraftausdruck entlockt hat.
Auch mich suchen zuweilen Anfälle
von Ungeduld heim, sei es nun im Wartezimmer meiner Hausärztin oder an der
Kasse im Supermarkt. Stelle ich dann fest, gerade innerlich „zu trampeln“, sag‘
ich mir ganz bewusst: Nee, das geht nicht zu langsam, sondern du bist einfach
zu ungeduldig! Ein anderes probates Mittel, um gegenzusteuern, ist das
Umschalten von der emotionalen auf die rationale Ebene, sprich: der Blick auf
die Zeiger der Uhr, wenn man gefühlt schon sooo lange in der Schlange steht, sooo
lange an der Ampel auf Grün oder im Restaurant auf den Kellner wartet. Die
überraschende Erkenntnis lautet dann meist: Na sowas, in Wirklichkeit sind erst
wenige Minuten vergangen … Eine gute
Gelegenheit, sich wieder einmal der Tatsache zu erinnern, dass unser Zeitgefühl
höchst subjektiv ist und relativ unzuverlässig.
Wem all das nicht hilft, um seiner Ungeduld die Zügel anzulegen, dem empfehle ich, seine Urlaube in südlichen Ländern einmal Revue
passieren zu lassen. Und darüber nachzudenken, was er jenseits von Natur und
Kultur als besonders erholsam empfunden hat. War’s nicht auch das gemächlichere
Lebenstempo, die Gelassenheit der Menschen, das den Alltag abstreifen half? Die
Uhren, die langsamer zu ticken schienen? Kassiererinnen im
Geschwindigkeitsrausch und drängelnde Kunden z. B. habe ich weder in Italien noch Portugal noch
Frankreich erlebt; der erste Einkauf nach Rückkehr in heimatliche Gefilde jedes
Mal ein wahrer Kulturschock. Doch nein – meist setzte die Akklimatisierung an
die heimatliche Hektik schon am fernen Flughafen ein, wenn ich die sattsam
bekannte, sich bereits wieder anbahnende Ungeduld der Rückkehrer nach Deutschland
am Check-in registrieren durfte. Wie schade für sie. Grad noch Urlaubsstimmung
und mit einem Fingerschnipp zurück in der Alltagshast.
Glücklicherweise ist
Ungeduld kein unabänderlicher Wesenszug und lässt Geduld sich erlernen. Ein
erster wichtiger Schritt wäre vielleicht, unsere Erwartungen an die Umwelt infrage zu stellen, d. h. uns selbst nicht als das Maß aller Dinge zu betrachten. Hilfreich sicher auch die Gabe, sich in andere hineinversetzen zu können. So wird die junge Netto-Verkäuferin einst selbst eine betagte
Frau sein (jedenfalls wünsche ich es ihr) und es dann zu schätzen wissen, wenn
andere Menschen ihr beim Einkauf oder anderswo Geduld und Freundlichkeit bezeigen.
Doch Alter hin oder her – jeder von uns braucht und wünscht sich in der einen oder anderen Lebenslage Geduld von seiner Umwelt. Praktizieren wir sie also
auch selbst.
Jene aber, die davon überzeugt sind, nie die Geduld anderer zu strapazieren, dürfen sie aus reinem Eigennutz einüben. Und sei es nur deshalb, weil sich's einfach entspannter lebt, wenn all die kleinen, zumeist banalen Quellen für Alltagsfrust der Vergangenheit angehören.
PS. Meine Baustelle, mal kleiner, mal größer, ist seit jeher, Geduld mit mir selbst zu haben. Das aber ist wieder ein anderes Thema ...
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