Wenn Klärchen am Himmel lacht und
das Thermometer in Richtung 30 klettert, zieht es mich unweigerlich ans Wasser.
Sommer und Badengehen gehören für mich zusammen wie der Schaum zum Cappu. Am liebsten - Nacktbaden.
Doch wo baden gehen? Dresden ist
mit Bädern nicht grad reich gesegnet und sowieso mag ich Naturbäder lieber.
Ohne gechlortes Wasser, ohne Radau und Rabbatz durch viel zu viele Badelustige
auf engem Raum, dafür mit viel Platz zum Schwimmen und: einem FKK-Strand.
Über all die Jahre war die
Kiesgrube in Birkwitz-Pratzschwitz mein bevorzugtes Plätzchen, doch neuerdings
ist’s schwer, dort am Wochenende noch einen Parkplatz zu ergattern. Jenseits der
offiziellen Parkfläche winken Knöllchen. Also hab ich mir ein neues
Lieblingsplätzchen gefunden, um nach Herzenslust zu schwimmen und anschließend im
Schatten zu faulenzen. Nicht eigentlich gefunden, sondern ein Freund hat es mir
empfohlen: eine Kiesgrube, gesäumt von Schilf und Sandstrand und sanft
ansteigenden Wiesen mit Bäumen. Da das Bad nicht bewirtschaftet wird, jeder
selbst für sein leibliches Wohl sorgen muss, ist’s zudem ruhig. So ruhig, dass
zuweilen sogar ein Schwanenpaar inmitten der Badenden am Strand Siesta hält;
Kopf unter die Flügel und weggenickt …
Die Frage „Textil oder FKK?“
stellt sich auch hier nicht, weil jeder einfach praktiziert, was er mag. Etwas,
das ich als sehr entspannt empfinde, weil in meinen Augen Nacktheit etwas
vollkommen Natürliches ist, ich mit dieser Sichtweise auch aufgewachsen bin.
Und gleich stellen sich Erinnerungen ein.
Erinnerungen an herrliche
Ostseeurlaube an FKK-Stränden, ob nun auf Rügen, Usedom oder der Insel Poel. Mama,
Papa, Kinderschar und Koffer in Dresden in den Trabi gepackt und auf ging’s. Am
Urlaubsort angekommen, wurde am Strand ein freies Plätzchen gesucht und eine große,
runde Mulde gebuddelt: die Familien-Sandburg. Der Durchmesser bestimmt durch
die Länge des Windschutzes, selbstverständlich ein Eigenfabrikat aus bunt
gestreiftem Markisenstoff und Besenstielen. Nachdem er rundherum solide im „Burgwall“
verankert war - eigens für diesen Zweck hatte der Papa ein Hämmerchen im Urlaubsgepäck
-, wurde der untere Saum des Windschutzes noch von beiden Seiten mit Sand
beschwert, damit auch nicht das leiseste Ostseelüftchen ins Innere der Sandburg blasen konnte. So
ganz windstille Tage gibt’s an der Küste ja selten und wer mag es schon, wenn‘s
beim Essen konstant zwischen den Zähnen knirscht, weil der fast puderzuckerfeine
Ostseesand einfach überall hingelangt. Deshalb
ebenfalls wichtig: die Ausrichtung des Eingangs der Sandburg, nämlich den Dünen
zugewandt, weil zumeist auflandiger Wind.
War sie endlich fertig, ging’s ans
Einrichten: Luftmatratzen, Badetücher und die Taschen mit dem Familienproviant.
Davon reichlich - ein Tag am Wasser ist lang und Baden macht hungrig. Auf der
Strandpromenade gab’s zwar manchmal ein Eis, aber alles andere hatten wir an jedem Badetag dabei. Sicher auch eine Frage des Familienbudgets. Davon abgesehen, kann ich
mich nicht daran erinnern, dass sich schon damals auf den Promenaden Imbissbude
an Imbissbude reihte. Und in einer Gaststätte zu speisen, war für viele
Ostseeurlauber eher Luxus. So, wie es auch im Alltag eine Ausnahme darstellte.
Doch zurück zum Strand. Nackedeis,
soweit das Auge reichte. In der Sonne brutzelnd, in die Wellen hechtend,
Volleyball spielend. Junge, alte, knackige, fülligere. Ist das jetzt peinlich?
Nö. Ist das unästhetisch? Nö. Körper halt, wie die Natur sie geschaffen hatte. Ist
das erotisch oder hat eine sexuelle Komponente? Nicht zwingend. Kommt wohl auf die Art der Sozialisation, den Grad der Prüderie oder die Bedürftigkeit an. Kann schon sein, dass der eine oder andere seine
Augen gelegentlich wohlgefällig auf seinem Gegenüber ruhen ließ, aber Spannen
war definitiv nicht. Hätte sich wohl auch keiner getraut. Davon abgesehen, war Nacktbaden viel zu sehr ein Akt der Normalität. Einfach Menschen, die jenseits
von 90-60-90 oder Sixpack – und dem Perfektionswahn nicht nur in Sachen Optik,
der nach 1989 in den Osten schwappte - zu ihrem Aussehen standen und Sonne und
Wasser auf der nackten Haut genossen.
Inzwischen gibt’s sogar Studien
zum FKK. Britische Wissenschaftler z. B. nehmen an, dass FKK die mentale
Gesundheit befördert, weil das Betrachten anderer nackter Körper, die meist nur
ausnahmsweise dem in den Medien publizierten Schönheitsideal entsprechen, die
Zufriedenheit mit dem eigenen Körper steigert. Eine andere These besagt, dass
FKK-Jünger von vornherein und unabhängig von künstlich erzeugten
Schönheitsidealen positiv zu ihrem Körper stehen, deshalb schon grundsätzlich zufriedener sind und
selbstbewusster.
Nun - mit derlei Weisheiten haben wir
uns damals nicht beschwert. Sie wären uns wohl auch herzlich egal gewesen. FKK
macht einfach Spaß, weil sich's gut anfühlt und im besten Sinne natürlich. Frei. Nichts, das
einengt, nichts, das nass auf der Haut klebt und frösteln macht. Und die akrobatischen Verrenkungen
hinter’m Badetuch, damit des Nachbars
Auge beim Umziehen auch ja kein Fitzelchen bloße Haut erhascht, fallen auch weg. Das Beste aber an diesem Sommervergnügen: Ich spüre Sonne, Wind und Wasser hautnah im wahrsten Sinne des Wortes.
Links:
Travelbook - Geschichte des FKK
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